Wir lernen
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Bunt, kreativ, geistlich - eine Zeit, die du nicht vergessen wirst.
Mit Männern reden, essen, beten, feiern und geistlich begleiten.
Action & Tiefgang – Konficamps in Thüringen
Deine Chance ein Jahr sinnvoll für dich zu nutzen!
Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Die Bibel, Lukasevangelium 6,36
Dieses Wort von Jesus Christus bezieht sich auf die Barmherzigkeit Gottes und wird uns im CVJM Thüringen dieses Jahr begleiten. Hier fordert uns Jesus heraus in vielfältiger Weise barmherzig zu sein. Eine Challenge, der wir uns stellen werden. Als ich diese Jahreslosung erstmalig wahrnahm, kam mir der Hülfensberg mit seiner Wallfahrtsstätte in den Sinn. Kurz vor dem letzten Lockdown im vergangenen Jahr haben wir eine Wanderung auf den Hülfensberg, im Thüringer Eichsfeld unternommen. In dieser Wallfahrtskirche befindet sich ein über 900 Jahre altes Holzkreuz mit einer Christusfigur. Die weit ausgestreckten, einladenden Arme und der liebevolle Blick laden den Betrachter ein, sich mit diesem Christus zu beschäftigen. Hier tritt uns in aller Schlichtheit „Gottes Barmherzigkeit“ entgegen.
Jörg Stawenow Leiter des CVJM Thüringen
Barmherzigkeit ist eine der entscheidenden Wesensäußerung des christlichen Glaubens. Jesus redet in der Bibel viel von Barmherzigkeit. Vom Wort her: Sein Herz bei den Armen haben, ursprünglich jemanden von Not befreien, heute würden wir auch barmherzig mit empathisch wiedergeben. Mitfühlen und die jeweilige herausfordernde Lebenssituation meines Mitmenschen wahrnehmen.
Dieses Wahrnehmen bedeutet für mich Verantwortung. Neben der bekannten und sicherlich unvollständigen Aufzählung der sieben Werke der Barmherzigkeit, die die alte Kirche aus dem Evangelium herausgelesen hat (Durstige zu trinken geben, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten) sind mir im gleichen Zusammenhang die weniger bekannten sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit begegnet (Unwissende lehren, Zweifelnde beraten, Trauernde trösten, Sünder zurecht weisen, Beleidigern gern verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für Mitmenschen beten).
Sicherlich würden wir heute manche Aussage ein wenig wertschätzender formulieren und doch zeigt diese katalogartige Aufzählung auf meine Verantwortung hin.
Der liebevolle und „mich verstehende“ Blick von dem Christus vor dem Kreuz wird deshalb auch „Eichsfelder Gehülfe“ genannt. Seit Generationen pilgern Gläubige voller Erwartung auf diesem nach ihm benannten Berg.
Ich selbst kann nicht über meinen eigenen Schatten springen, genau so komme ich mit meiner Barmherzigkeit schnell an meine Grenzen. Mit dem Wert der Barmherzigkeit - mein Leben und meine Beziehungen gestalten, brauche ich vor allem auch Barmherzigkeit mit mir selbst. Wo ich mich durch Hochmut, durch Überheblichkeit, durch nicht gegebene Wertschätzung, durch Wegsehen und Nichtbeachtung schuldig fühle. Da braucht es diesen Gehülfen, der mich ansieht wie diese Christusfigur. Ein Blick frei von Vorwürfen, ein wertschätzender Blick. Ein Blick der mir hilft mich anzunehmen wie ich bin und mich befreit von meiner Ichbezogenheit. Dieser Christus lädt mich mit seinen offenen Armen, seiner souveränen Standhaftigkeit, mit seinem aufrechten und goldgekrönten Haupt ein, mit ihm Leben zukunftsorientiert, mutig, furchtlos und voller Hoffnung zu gestalten. Wenn ich diese Freiheit neu verspüre, dann kann ich fröhlicher meinen Mitmenschen verzeihen und auch komplizierte Situationen bestehen. Mich herausfordernde Personen werde ich leichter und geduldiger ertragen können. Eventuelle persönliche Krisen ohne großen Schaden bewältigen und mit einer psychischen Widerstandsfähigkeit, also mit einer gestärkten Resilienzfähigkeit, weiterhin meinen Alltag gestalten.
Unweit der geografischen Mitte von Deutschland befindet sich diese Wallfahrtstätte.
Sie ist Lebensmittelpunkt einiger Franziskaner. Fern ab von den mitteldeutschen Metropolen, über dem Werratal thront der „Salvator und sein Berg“. Im Rhythmus eines klösterlichen Lebens betreuen die Brüder diesen besonderen Ort. Als Kind hörte ich schon viel vom Hülfensberg und konnte mir nicht so richtig etwas unter diesem Namen vorstellen, lag er doch unerreichbar im Thüringer Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze. Nachweislich wird dieser Berg seit sieben Jahrhunderten von Wallfahrern aufgesucht.
Wallfahrten liegen ja eher in der Tradition der katholischen Kirche. Für uns im deutschen CVJM, die wir meist eine evangelische Prägung haben, ist einiges nicht auf dem ersten Blick nachvollziehbar. Und doch sehe ich in dieser geistlichen Übung und in den Erwartungen der Pilgernden ein hohes Gut an Gottvertrauen. Schon das Alte und Neue Testament berichtet von Orten, an denen wir in besonderer Weise Gott begegnen können. Sicherlich ist die Verehrung eines Ortes oder eines Holzkreuzes nicht im Sinne des Erfinders, hier steckt meines Erachtens mehr dahinter. In dieser besonderen Darstellung nehme ich Jesus als aufrecht und erhaben stehenden König war. Das Kreuz als Folter- und Hinrichtungsobjekt tritt in den Hintergrund. Die Dornenkrone, die wir sonst bei einem Kruzifix erwarten - ist hier die goldene Krone eines Königs. Sein Blick ist nicht leidend, er blickt souverän mit gutmütigen Gesichtszügen aus der leicht erhöhten Position dieses Seitenaltares auf den Betrachter. Spätestens jetzt bin ich tief berührt und sehe mehr als das besondere Kunstgut, welches die für mich die unvorstellbaren 900 Jahren überdauerte. Die in Eichenholz geschnitzte Christusfigur ist ein lebendig wirkendes Glaubensbekenntnis des damaligen Holzbildhauers. Dieser für uns heute anonyme Künstler hat Großartiges geschaffen. Er hatte sicherlich eine besondere Gotteserfahrung und konnte sein Bild von einem liebenden und barmherzigen Herrn Jesus so darstellen, dass Generationen von Gläubigen an diesem hier plastisch abgebildeten Christus die Wesenszüge Gottes erkennen. Also Gottes liebevolle Zuwendung zu uns Menschen.
Die Gläubigen haben in diesem Zusammenhang Jesus den Namen „Gehülfe“ gegeben, er an den wir uns in jeder Lebenslage wenden können und von ihm Hilfe erwarten dürfen. Nicht nur in der Wallfahrtkirche auf dem Hülfensberg, sondern in der Berufung auf die biblischen Verheißungen, dass der lebendige Gott uns nahe ist und wir von ihm Trost, Zuversicht und Hilfe erwarten können.
Wenn uns dieses Holzkreuz daran erinnert: Der barmherzige Gott will uns in Jesus nahe sein, dann werde ich gern und in großer Erwartung wieder auf den Hülfensberg steigen.
In der Wallfahrtskirche habe das Hülfensberggebet gefunden:
Hier stehe ich, Herr Jesus, vor Deinem Kreuzesbild.
Du schaust auf mich in Güte mit einem Blick so mild.
An dieser heil‘gen Stätte schenkst Du Barmherzigkeit,
bist mächtiger Gehilfe für Menschen weit und breit.
Du kennst all‘ meine Sorgen, mein Glück und auch mein Leid.
Bei Dir bin ich geborgen jetzt und zu aller Zeit.
So leite meine Schritte auf einen guten Weg;
Erhöre meine Bitte: Nimm alles Böse weg.
Gib mir die Kraft zum Leben, zur Stille und zum Tun.
In Deiner großen Liebe lass meine Seele ruh‘n.
Beschütze meine Lieben, schenk Frieden immerzu,
und lehre mich im Alltag barmherzig sein wie Du.